Tach, Gemeinde,
das Jahr neigt sich mit dem heutigen Tag seinem Ende zu. Alle hoffen, daß demnächst wieder etwas mehr Normalität ins Leben zurückkehrt - Corona hat vieles auf den Kopf gestellt. Lamentieren hilft nix, wir müssen mit neuen Situationen umgehen. Wie man das tut, ist jedem (fast) freigestellt. Die einen igeln sich ein und schieben Frust, andere gehen volles Risiko. Viele tun sich schwer, eine Balance zwischen Vernunft und Emotionen zu finden. Ist auch schwer in einer mittlerweile überkomplexen Lebenswelt, die nicht aus schwarz und weiß besteht und Herausforderungen bereithält, die sehr differenziertes Herangehen verlangen. Das ist hier nicht anders als bei Euch, soll aber nicht weiter Thema sein, sondern: Kompensation ist vonnöten - und Motorradfahren dabei sicher nicht die schlechteste Variante, die Birne ab und an freizubekommen.
Ich kann in diesem Zusammenhang die koreanische Zweirad-Fahrerschaft mittlerweile etwas besser verstehen, wenn sie sich mit diesem Hobby Freiräume erobern, die in einer sonst sehr konformitätsorientierten Gesellschaft nicht geboten werden. Wie sie das zelebrieren, habe ich hier schon häufig und intensiv besprochen und gezeigt. Sicherheits- und Praktikabilitäts-Erwägungen stehen nicht so im Vordergrund, wichtig ist, daß man auffällt und sich abhebt - nonkonformistisch eben. Der heutige Report zeigt noch einmal geballt Eindrücke unter dem Motto: "Style.Style.Style!"
Klassiker in diesem Genre sind auch hier Harleys und ihre Piloten. Die Bilder 1 und 2 zeigen je einen Vertreter dieser Gattung auf Bikes, die wie frisch aus dem Salon gerollt aussehen - ihre Besitzer allerdings auch. Kein Stäubchen an Fahrer und Maschine dran, die Kleiderordnung piekfein, die Accessoires von ausgesuchter Eleganz: rollende Ausweise von Wohlstand und Statusbewußtsein.
Übermut ist meist ein Privileg der Jugend. Buchstäblich "in der Wolle gefärbt", ist der Junge auf den Bildern 3 und 4 so dermaßen KTM-Fanboy, daß er sich ein paar seiner Rastalocken in "ready-to-race"-Orange hat machen lassen. So was habe ich auch noch nicht gesehen... Airpods in den Lauschern gehören dazu, damit auch der Sound während der Wheelies stimmt (man beachte den Schleifstein am Heck seiner RC390).
Zurück zur Schwermetall-Fraktion: Bild 5 entstand im Frühjahr zur Kirschblüte in Gangneung an der Ostküste. Ob der Fahrer dieser Hochlenker-Kirmesbude viel davon mitbekommen hat, glaube ich nicht, er war wohl mit Balance-Halten auf diesem Monstrum beschäftigt. Aber auch hier: auffallen tut es allemal reichlich.
Ganz anderes Kaliber bietet Bild 6: Pilot in schwarzem Gewand mit Kettchen und schwerer Uhr, die Lady hinten im roten Kleid hält rechts ein Iphone und links die JBL-Musikrolle. Wie sie da so an der Kreuzung standen, bollerte der Milwaukee-V2 mit der Musik aus der Box um die Wette. Daß da das rechte Ballerina-Schuhchen am Auspuffende möglicherweise etwas leidet, ist sicher nachrangig - die "good vibes" sind wichtiger.
Wo Stil gefragt ist, darf eine RnineT nicht fehlen. Hier auf Bild 7 neben einem ebenfalls mega-angesagten Elektro-Retro-Fahrrad zu sehen, beide vor dem "Rolling Hearts - Motorcycle Clothing Company"-Laden. Da drin hat es nur bling-bling-Klamotten, mit dem die Träger vor dem Eiscafé eine gute Figur machen, für die Langstrecke taugt das eher nicht.
Unsere Hausmarke ist in diesem Genre selbstredend ebenfalls vertreten: die auf Bild 8 zu sehende, gut gepflegte CB1100 wurde von einem Fahrer ausgeführt, der im ebenso makellosen Anzug unterwegs war. Sehr gediegene Kombination, immerhin trägt er dazu Motorrad-Handschuhe... Festgehalten vor dem "Deus ex Machina" in Seoul-Hongdae.
Und zum Schluß ein Bild in eigener Sache: auch ich verkleide mich gelegentlich, wenn der Anlaß ein entsprechender ist. Dieser war am 23. Mai des Jahres in Form des "Distinguished Gentleman`s Ride" gegeben. Das Netz hat zu dieser Bewegung viele Infos parat, ich habe hier auch schon darüber berichtet (Beitrag #204 vom 28.09.2020). Es bot sich an, diesen schönen Maien-Tag mit einer speziellen Ausfahrt mittels eines noch spezielleren Vehikels zu begehen. Also wurde die "Super Cubpuccino" zurecht gemacht, der Fahrer ebenso (das Wetter erlaubte tatsächlich Fahrt im Hemd mit Weste) und auf ging es zunächst zum "RSG" Seongsu, wo sich die zweiradelnden Herrschaften in der passenden Dapper-Garderobe zuhauf einfanden und viele Fotos entstanden. Wenn ich mal Zeit und Lust habe, gibt es dazu einen ergänzenden Beitrag, weil es wirklich sehenswert war.
Nachdem dieser Termin absolviert war, sattelte ich die Cub und spannte den Hahn für die Fahrt ins "Rolling Tribe" zum nächsten Fototermin. Die Jungs da hatten extra eine Plakatwand zum Thema installiert, so daß sich das Motiv quasi von selbst ergab - siehe Bild 9. Hier also die Cubpuccino in voller Schönheit, wie ich sie seit knapp einem Jahr bewege, meine Wenigkeit in nicht ganz so praller Schönheit dahinter. Eine ausführliche Vorstellung des 110er-Spaßmobils folgt in einer der nächsten Reportagen.
Das soll es für heute gewesen sein, denkt dran: nobel geht die Welt zugrunde - barfuß oder in Lackschuhen, wie schon Harald Juhnke seinerzeit trällerte. In diesem Sinne: gutes neues Jahr allen!
Bald gibt es neue Folgen in diesem Kino, bis dahin bleibt gesund und fallt nicht auf'n Appel!