Tach, Gemeinde,
nach einer gewissen Pause, die zum einen wetterbedingt, zum anderen familiären Notwendigkeiten (mein Kurzer hatte Ferien und wir waren mit den Fahrrädern unterwegs) geschuldet war, gab`s nun heute wieder eine Tour. Und zwar allein: meine Holde ist auf einer Reise im Land unterwegs und mein Sohn hatte heute auch andere Dinge vor, so daß mir eine der seltenen Gelegenheiten blieb, mal was ganz für mich zu machen. Morgenstund` fängt den frühen Wurm oder so ähnlich, jedenfalls saß ich um halb neun schon auf dem Bock und flitzte durch den morgendlich noch eher schwachen Verkehr Richtung Südwesten. Mein Ziel waren die ungefähr 60 km vor Seoul gelegenen Inseln Daebudo, Seonjaedo und Yeongheungdo. Einen Teil dieser Gegend kenne ich schon, das erste Mal hat mich ein Kollege vergangenen Sommer mit nach Daebudo genommen. Es ist da sehr schön: Meer, viele kleine Inselchen in selbigem, richtig Ebbe und Flut und immer wieder pittoreske Blicke auf Uferstreifen und Berge. Daebudo ist mit dem Festland über den langen Sihwa-Damm verbunden. Er trennt das Meer von einer Art Lagune, dem Sihwaho Lake, der bei Ebbe praktisch trockenfällt. Nachdem man gemerkt hatte, daß die Wasserqualität der Lagune durch den mageren Durchfluß wegen des Dammes immer schlechter wurde und Abhilfe not tat, kam man auf den Gedanken, aus dem Problem eine Tugend zu machen. Und wie das in Korea häufig zu finden ist, wurde auch hier gleich richtig geklotzt: In der Damm-Mitte befindet sich das weltgrößte Gezeitenkraftwerk. Durch den enormen Tidenhub strömt da richtig Wasser hin und her und treibt bei Flut die Turbinen zwecks Stromerzeugung an, Bild 001. Direkt auf dem Damm gibts noch eine Möglichkeit, sich quasi direkt an bzw. auf Wunsch sogar in das Wasser zu stellen: örtliche Fischer haben dort ihre Boote vertäut und es herrscht immer rege Betriebsamkeit am Ufer, wenn sie morgens rausfahren und später mit dem Fang wiederkommen. Die NC mußte auch da durch, im Hintergrund ist übrigens Songdo zu sehen, über das ich in Post #18 berichtet hatte, siehe Bild 002.
Nebendran hat man einen Freizeitpark mit Aussichtsturm, Cafés, Restaurants und einer Ausstellung hingesetzt, am Wochenende kommen da wie überall hier immer eine Menge Leute hin. Heute morgen war für mich dort Zwischenstation für Kaffee und mitgebrachtes Käsebrot (von manchen Gewohnheiten trennt man sich ungern, auch wenn man 8.000 km weit weg vom Vaterland ist...). Ein kurzer Rundgang mit Besichtigung des "Obelisk of Light" (Bild 003) schloß sich an, bevor ich mich dem anschwellenden Besucherstrom in Richtung der Insel Daebudo entzog.
Auf Daebudo angekommen, steuerte ich ein paar fotogene Plätze an: direkt im Wattenmeer gibt es ein paar Pisten, die auch bei Flut gerade noch so befahrbar sind, aber den Eindruck vermitteln, als stünde man mitten im Meer, siehe Bild 004. Dann ist da die Brücke rüber nach Yeongheundo, die mit ihren zwei markanten orangen Pfeilern einen netten Hintergrund abgibt. Was noch bemerkenswert ist: die ganze Inselwelt dort ist Anfluggebiet für den Flughafen Incheon, der ca. 15 km weiter nördlich auf einer weiteren Insel angelegt ist. Es kreisen also ständig Flugzeuge im Landeanflug über der Region. Heute morgen hatte ich besonderes Glück: die Boeing 747 des Lufthansa-Fluges LH 712 aus Frankfurt schwebte direkt vor mir am Himmel und ich konnte sie zusammen mit der NC ablichten, siehe Bild 005. Weiter ging es dann quer über die Insel Yeongheundo mit ihren kleinen, verwinkelten Sträßchen, die teilweise direkt am Ufer entlanggehen mit immer wieder neuen Blicken auf Strände, Häfen, Watt und Meer (Bild 006). Natürlich wissen auch die Koreaner, daß es hier schön ist und haben allerorten Pensionen, Boutique-Hotels, kleine Cafés und Kneipen aufgemacht. Noch ist keine Hochsaison, aber die Orte füllen sich am Wochenende dennoch gut. Leute spazieren am Strand, ärgern die Möwen, faulenzen schon im Liegestuhl und lassen es sich in den strandnahen Restaurants gutgehen (Bilder 007-009). Für die Fußlahmen und Faulen gibts ähnlich wie in Deutschland auch Kutschwagen mit Trecker vorne dran, die einen durchs Watt schaukeln. Man sollte nur den Fahrer vorher fragen, ob er aufgetankt hat, sonst kanns schnell feucht an den Stelzen werden (Bild 010). Ich suchte noch einen speziellen Ort auf. Es gibt aktuell in Korea den Trend zu Motiv- und Themenhotels, auf dieser Insel ist u.a. ein Topfhotel (Bild 011) zu finden: überdimensionale Kimchi-Töpfe, die bemalt und dekoriert sind und in denen man wohnen kann. Innen ganz normale Hotelzimmer, aber von außen sehr witzig anzuschauen. Es gibt auch Pilz-, Baum- und Schiffshotels, ganz wie man möchte...
Zwischenzeitlich verspürte ich ein leichtes Hungergefühl, also war die Suche nach einer gastlichen Stätte angezeigt. Diese fand sich in Form eines traditionellen koreanischen Restaurants am Wegesrand, wo ich einen sehr leckeren Gemüsepfannkuchen mit Meeresfrüchten vertilgte. Auch hier der Bildbeweis (Bild 012) im Anhang. Nach dem Mittagessen mäanderte ich weiter durch die westkoreanische Inselwelt mit Buchten, Uferstraßen und weiten Blicken über die Wattlandschaft. Inzwischen hatte die Ebbe sichtbar eingesetzt, immer mehr Boote, an denen ich vorbeikam, lagen schon schräg und halb auf dem Trockenen. Die weitere Fahrt über den Hwaseong-Staudamm und der Rückweg durch das südlich von Seoul gelegene Hinterland mit den zur Metropolregion gehörenden Städten Hwaseong, Suwon und Ansan verlief unspektakulär und relativ flüssig. Pünktlich zur Kaffeezeit hatte mich das Stadtgewühl wieder, gegen 17 Uhr war ich zu Hause und um viel Meeresluft und interessante Eindrücke angereichert.
Der fahrzeugtechnische Teil fällt heute kurz, dafür umso bizarrer aus: auf dem Rückweg fuhr ich nahe Hwaseong an einem Café vorbei, vor dem eine Goldwing und zwei Harleys standen. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich eine seltsame Konstruktion an der Wing und wendete daraufhin, um der Sache näherzukommen. Was meine Augen erblickten, rief einen Lachanfall hervor: es gibt tatsächlich (natürlich elektrisch angetriebene !) Stützräder für die Goldwing. Macht für Papi das Anhalten und Einparken einfacher: Knopf gedrückt und schon fahren unter den Sozius-Trittbrettern stabile Profile mit Rollen unten dran aus und die Einbauküche bleibt in der Senkrechten. Es sieht allerdings reichlich verboten aus (siehe Bilder 013 und 014), aber wird hier sicher für endgeil erachtet. Ich kannte das noch nicht, was aber nix heißt...
Ansonsten gabs nur den Aufsitz-Gelenkschlepper am Wasser (Bild 015) und einen Indian-Piloten, der geradewegs aus dem Kinofundus von Hollywood entlaufen schien: man schaue sich seine Fellhose an - Stil geht über alles, das kenne ich hier schon (Bild 016).
In diesem Sinne: immer schon aufrecht bleiben und nich aufn Appel fallen, die Kratzer im Helm sind imageschädigend !