Wie will man beurteilen, wie gut oder schlecht man erkannt wird? Man wird eigentlich immer gesehen, denn wenn nicht hätte man ja permanent schwere Unfälle. Umgekehrt klappt es viel besser: Man sollte mal darauf achten, wie oft man selber denkt "Wo kommt der denn auf einmal her?" und sich genau ansehen, wie der beleuchtet und bekleidet war. Man wird feststellen, dass es meist die dunklen und/oder schlecht beleuchteten Zweiradfahrer waren, die man erst sehr spät gesehen hat. Viel häufiger als die hellen und bunten oder die mit vielen Lampen.
Spät gesehen zu werden kann 100 Jahre gutgehen, bis es einmal dann doch nicht reicht. Wer früher gesehen wird, wird seltener übersehen. Mit auffälliger Optik gibt man dem anderen Verkehrsteilnehmer einfach mehr Zeit, einen zu erkennen. Um mehr dreht es sich gar nicht. Auch in schwarz bisher nicht umgefahren worden zu sein bedeutet nicht gleich gut gesehen worden zu sein, sondern nur, dass man schlicht mehr Glück gehabt hat.
Im Sinne von leben und leben lassen wünsche ich mir übrigens eines viel mehr als etwa eine Warnwestenpflicht: Toleranz. Warum werden Leute, die sich Alternativen zum Standardschwarz wünschen eigentlich immer so angegangen? Warum werden sie angegriffen, verhöhnt, verlacht und verspottet? Warum als dumm angesehen und als Dummerchen behandelt? Warum versucht ein Teil der Zweiradfahrer wider aller Vernunft mit Gewalt (ja, viele Sprüche kann man nur noch als Gewalt bezeichnen) durchzusetzen, dass sich ja nicht zu viele Fahrer vom Einheitsschwarz abwenden und eigene Entscheidungen treffen? Nicht nur in diesem Forum, fast überall im Internet und der realen Welt da draussen kann man beobachten, dass ein Teil der Schwarzfahrer mit wirklich allen Mitteln zu erzwingen versucht, dass zu einem echten Biker (ein widerlicher Modebegriff) gefälligst eine möglichst schlecht sichtbare, dafür aber total coole Optik gehört. Was soll das? Warum darf nicht jeder selbst über sein (Über-) Leben entscheiden? Damit der blöde, zum coolen Image gehörende Spruch "Motorradfahrer töten nicht, sie werden getötet!" wahrer wird?
Wer gut sichtbar Moped fährt ist nicht weniger ein echter Motorradfahrer als so ein Dunkelmann und er hat auch nicht weniger Spaß am Zweirad. Er ist nur einer, der mit ein wenig höherer Wahrscheinlichkeit wieder gesund nach Hause kommt.
Gruß Michael