Senf dazu nun auch von mir -- obwohl ich zu diesem Thema eigentlich gar nicht viel sagen wollte. Sei's drum...
1. Es gibt offenbar nun einmal Leute, die mit Hilfe ihres fahrbaren Untersatzes sich und anderen glauben irgendetwas zeigen oder gar beweisen zu müssen.
Es sind Biker, die mit Lärm-Auspufftöpfen um akustische Aufmerksamkeit balzen müssen, mit den berüchtigten Auspuffklappen, die aufgeklappt das Getöse vor dem Endschalldämpfer rauslassen und den Verstand gleich mit entsorgen. Es sind diese Raser, die mit Drehzahlorgien x-fach die geeigneten Landstraßenabschnitte rauf- und runterballern, als gäb's kein Morgen mehr. Sie rasen zwar Kilometer um Kilometer ab, kommen dabei aber weder verkehrstechnisch noch geistig vom Fleck. Wir kennen auch die einschlägigen Harley-Jünger, deren erster Griff nach dem Anlassen immer zur Klappe geht, damit der Auspuff der V-Großtöpfe auch "schön" knallt. Das ist zwar technisch primitiv und armselig, scheint aber auf eine verquere Art für "cool" zu gelten und provoziert nebenbei schön.
Genau dieselben Gestalten gibt es in ihren zweieinhalb-tönnigen SUV-Blechdosen oder Mittelklasse-Protz-Limousinen deutscher (sogenannter) Premium-Hersteller, mit denselben beschriebenen Effekten. Zuzüglich idiotischer Außenlautsprecheranlagen für vielgestaltig röhrende Auspuffgeräusche. Genauso, nein, noch mehr peinlich und genauso armselig.
Das alles ist in meinen Augen bedauernswertes Balzverhalten von Männchen, die sich und ihre Bedürfnisse über alle Maßen wichtig nehmen. Eventuell negativ betroffene Bedürfnisse anderer Artvertreter sind ihnen völlig egal, mit einem Wort: sie sind schlicht asozial. Basta.
2. Streckensperrungen dürfen grundsätzlich nur eingeleitet werden, wenn andere, moderatere Mittel konkret erfahrungsgemäß ausgeschöpft wurden und keine Abhilfe für den beklagten Missstand waren. Deswegen gibt es tatsächlich nur recht wenige Sperrungen, viele derartige "Schnellschüsse" halten einer juristischen Prüfung nicht stand.
Es mag Streckenabschnitte geben, wo sie sinnvoll sind. Es dürfte einige Abschnitte geben, wo es aufgrund hohen Ausflugsverkehrs auch zu Fuß und per Fahrrad am Wochenende nicht duldsam sein kann, dass Moppedfahrer in bekannter Weise über die Stränge schlagen, nur weil diese Strecken "ideale" Moppedstrecken sind.
Aber vergleichen wir mal:
Seit einiger Zeit mehren sich die Fälle, auch hier bei mir in Frankfurt, wo oben erwähnte Auto-Jünglinge sich an geeigneten Stellen am späten Freitag Abend treffen, um um die Wette zu röhren und das eine oder andere illegale Rennen auf öffentlichen City-Ausfallstraßen zu rasen. Ohne jede Rücksicht, ohne einen Funken Verstand. Bei solchen zweifelhaften Ereignissen hat es bekanntlich ja schon mehrfach tote Unbeteiligte gegeben. Frage an die Streckensperrungs-Rufer im Land: Sind diese Typen anders als die erwähnten Biker-Heizer? Nein? Ok!
Dann müssen wir eben diese Ausfallstraßen für alle PKW sperren!
3. Was hilft? Der Staat (die Allgemeinheit) hat dafür Sorge zu tragen, dass sowohl unbeteiligt Betroffene als auch beteiligte Verursacher in sicherer Umgebung schadlos unterwegs sein können. das gehört zur allgemeinen Verkehrssicherugspflicht der zuständigen Institutionen, ist als auch in unser aller Interesse. Die einfachste Maßnahme sind wohl Tempobeschränkungen plus stichpunktweise angesetzte Kontrollmaßnahmen. Das hilft meist nicht viel, wie wir alle wissen.
Am anderen Ende stehen Streckensperrungen, dauerhafte wie zeitlich beschränkte. Die zeigen natürlich maximale Wirkung, sind aber eine Pauschalmaßnahme, die alle bestraft bei einer Minderzahl an Problem-Verursachern. Letztere wandern auf andere Strecken ab, das Problem wird im Grunde lokal gelöst und anderswohin verschoben.
Am Beispiel der alten "Kanonenstraße" von Oberursel zum Sandplacken (vor dem Gr. Feldberg im Taunus) mit der bekannten "Applauskurve":
Diese ist seit Bestehen ein kritischer Abschnitt, denn sie ist sowohl eine wunderbar gezogene Schräglagenkurve für Moppedfahrer wie gleichermaßen Ausgangspunkt für Fußwanderer zu verschiedenen Wanderzielen - der Parkplatz befindet sich im Innenscheitel der Kurve! Konflikte sind absolut unvermeidlich, auch das Einbremsen durch Rüttelschwellen vor beiden Kurveneingängen hat nicht so arg viel gebracht.
Ich habe in diesem Jahr öfter über dieses Dilemma nachgedacht (weil ich oft dort fahre...) und vermute, dass man diese Problemzone nur "befrieden" kann, indem man die Kurve uninteressant macht. Ich würde dafür plädieren, sie so umzubauen, dass sie schlicht nicht mehr als "runde" Kurve existiert. Ich denke, ein paar Verkehrsplaner sollten in der Lage sein, dort einen priorisierten Wanderparkplatz mit durchgeführter Straße so anzulegen, dass man eben nur noch mit Tempo 30 fahren kann. Großer LKW-Verkehr herrscht auf der Kanonenstraße nicht, lediglich regelmäßiger Busverkehr.
Ok, kostet Geld. In meinen Augen wäre es gut ausgegebenes Geld.
Auch die paar Streckenabschnitte davor und danach, wo gerne trotz Tempolimit 80 gerast wird (hin und her, ständig und immer wieder...), sollten baulich ohne allzu großen Aufwand so anpassbar sein, dass man dort eben nicht mehr rasen kann.
Auch das heißt aber am Ende nur, dass man diese Strecken befriedet -- aber diejenigen, die ihrer falsch verstanden Freiheit zu Rasen unbedingt nachhängen wollen, suchen sich eben andere Strecken aus. Problem lokal gelöst, insgesamt aber bloß verlagert.
4. Bußgelder. Helfen IMO genau dann, wenn sie drastisch sind, sofort vollzogen bzw. kassiert werden bei Androhung der Einbehaltung von Führerschein oder Fahrzeug. Wie z.B. in Frankreich. Wollen wir das?
Das hieße, Tempolimits und andere Verkehrsregeln peinlich genau einzuhalten, denn es gäbe dann konsequenterweise keine Diskussionen mehr. (kein: Ja, aber Herr Wachtmeister, ich bin ja kein Raser, nur gerade eben bin ich mal etwas übers Limit hinausgeschossen, also eher zufällig... Raser, das sind ja diese anderen, die mit ihren lauten hochgezüchteten ... ... ... wir kennen alle diese Ausreden, oder etwa NICHT? Wer wirft hier den ersten Stein?)
So. Fertich jetzt. Weiterdiskutieren...